Ebnet Scan & Go den Weg für Diebstahl?

7 Min. Lesezeit
26.01.21 13:08

Mit dem Übergang in die Scan-&-Go-Ära des Einzelhandels nimmt auch die Unklarheit in Bezug auf Bestandsdifferenzen zu. Können Inventurdifferenzen noch eindeutig zugeordnet werden? Einzelhändler fragen sich, ob Self-Scanning und Self-Checkout-Technologien Dieben Tür und Tor öffnen. Auch wir sind ständig auf der Suche nach Möglichkeiten, das Scan & Go-Erlebnis für Händler und Kunden noch sicherer zu machen. Als Partner des EHI Retail Institute e. V., einem Forschungs- und Bildungsinstitut für den Einzelhandel, stützen wir uns auf dessen Studien, um die Diebstahlprävention der Snabble-Plattform voranzutreiben.

Ein Blick auf die Fakten

Die EHI-Studie zur Inventurdifferenz 2020

Inventurdifferenzen sind für Einzelhändler nichts Neues - nur dass sie zunehmen, bereitet Bauchschmerzen. Laut einer Hochrechnung für den gesamten deutschen Einzelhandel sind die Bestandsverluste im Vergleich der Jahre 2018 und 2019 von 4,3 auf 4,4 Milliarden Euro gestiegen. Hinzu kommen Sicherheitsmaßnahmen des Einzelhandels von rund 1,45 Milliarden Euro jährlich. Der Handel investiert in Warensicherungsmaßnahmen, Kameraüberwachung, Detektiveinsätze, Testkäufe und Schulungsmaßnahmen, aber auch in weitere Sicherheitsmaßnahmen wie diebstahlhemmende Verkaufsträger oder Software-Analysetools zur Datenauswertung. Die Summe der Inventurdifferenzen und deren Vermeidung beläuft sich somit auf 5,85 Milliarden Euro im Jahr 2019.

Bestandsdifferenzen können nicht nur durch Kunden verursacht werden. Denn auch Mitarbeiter, Servicekräfte und Lieferanten haben einen erheblichen Anteil an der Schadenssumme, die jedes Jahr entsteht. Den Beschäftigten wird ein Schaden von 950 Millionen Euro, den Lieferanten und Servicekräften ein Schaden von 360 Millionen Euro zugeschrieben. Im Mittelpunkt stehen jedoch die Schäden durch Diebstähle von Endkunden. Diese belaufen sich nach Schätzungen von Handelsexperten auf rund 2,44 Milliarden Euro.

Ladendiebstahl im Zusammenhang mit Selbstzahlerkassen

Das EHI Retail Institute hat im Dezember 2020 ein Whitepaper veröffentlicht, das Inventurdifferenzen und Ladendiebstahl mit Self-Checkout-Systemen in Verbindung bringt. Die Self-Checkout-Initiative ist ein Teil des Instituts und hat das Ziel, Informationen bereitzustellen, die Einzelhändlern bei der Entscheidung und Implementierung einer Self-Checkout-Lösung auf neutraler Basis helfen. So wurden namhafte Einzelhändler um eine Stellungnahme zu einem Zusammenhang zwischen Inventurdifferenzen und Self-Checkout-Systemen gebeten.

Die Ergebnisse der Umfrage waren in Bezug auf die Diebstahlsraten sehr positiv. Über 85 % der befragten Einzelhandelsunternehmen bestätigten, dass Inventurdifferenzen oder Diebstähle nicht höher oder wesentlich höher als üblich sind. Die Befragten glauben auch, dass gewerbliche Täter bediente Kassen nutzen oder aufgrund des hohen Warenaufkommens jegliche Kassen meiden. Einigen Einzelhändlern zufolge ist sogar die Diebstahlsrate rückläufig, was auf die Übertragung der Verantwortung für die vollständige Erfassung und Bezahlung der Artikel auf den Kunden zurückzuführen ist.

Gesetzesvollstreckungen an SCO Registrierkassen

"Der Kunde, der schummeln will, legt die Ware gar nicht erst auf das Band", sagte ein Teilnehmer der Umfrage der Self-Checkout-Initiative. Daran ändern auch die mit Personal besetzten Kassen nichts. Grundsätzlich kann die Tatausführung an SCO-Kassen in verschiedene Varianten unterteilt werden.

Bei nicht oder unvollständig gescannten Waren ist dies auf das Liegenlassen im Einkaufskorb oder -wagen zurückzuführen. Darüber hinaus werden Artikel in der Hand gehalten oder in das Regal gelegt, ohne dass sie gescannt und direkt in die Tasche gepackt werden.

Wenn Artikel nur teilweise gescannt werden, bedeutet dies, dass einzelne Artikel anstelle von Paketen gescannt werden. Ein Beispiel ist das Scannen einer einzelnen Flasche anstelle eines Sixpacks. Anstelle einer Einkaufstasche legen die Diebe die Artikel auf die Waage oder scannen die Ware nur zum Schein. Dabei wird der Strichcode mit der Hand verdeckt oder am Scanner vorbeigeführt.

Auch das Einscannen eines billigeren Artikels scheint eine Möglichkeit zu sein, Artikel im SCO-Bereich zu stehlen. Dazu gehören die falsche Eingabe einer Menge, das Überkleben eines Strichcodes, das zweimalige Scannen eines billigeren Artikels, das Vertauschen von Strichcodes bei Artikeln mit gleichem Gewicht oder die Verwendung von Stückartikeln anstelle von GTIN.

Neben anderen Manipulationen, wie z. B. der mehrfachen Verwendung von Gutscheinen, kann es vorkommen, dass der gesamte Einkaufswagen nicht bezahlt wird. Die Artikel werden beim Verlassen des Ladens gescannt, aber nicht bezahlt. Auch das Bezahlen von Artikeln mit einer ungedeckten Girocard kann den Anschein eines bezahlten Kassenbons erwecken.

Im Bereich des mobilen Self-Scannings per Handscanner oder App ergeben sich die gleichen Manipulationsmöglichkeiten. Hinzu kommt die Möglichkeit, Sendungen jederzeit stornieren zu können. Ein mehrfaches Scannen von Coupons oder Gutscheinen ist jedoch ausgeschlossen. Auch beim Self-Scanning kann es zu ungewollten Diebstählen kommen.

Präventivmaßnahmen

Neben den Einzelheiten zu den Straftaten fasst die Umfrage auch die Sicherheitsmaßnahmen zusammen, die zur Verhinderung von Diebstählen im SCO eingesetzt werden. Als eine der wichtigsten Maßnahmen zur Verhinderung von Ladendiebstählen nennen die Händler die Sichtkontrolle bei der Anmeldung und Bezahlung. Die physische Anwesenheit des SCO-Mitarbeiters signalisiert den ehrlichen Kunden zunächst Hilfsbereitschaft. Unehrliche Kunden können durch ausgestrahlte Autorität und Wachsamkeit von Fehlverhalten abgehalten werden. Der Mitarbeiter trägt ein hohes Maß an Verantwortung, da er sowohl Service- als auch Sicherheitsaufgaben wahrnimmt. In der Self-Checkout-Initiative werden die Aufgaben des SCO-Mitarbeiters wie folgt beschrieben:

  • Sichtprüfung auf vollständige Registrierung aller Einkäufe
  • Visuelle Kontrolle der abgeschlossenen Zahlungen; häufig wird dies durch die Freigabe der SCO-Station (grün) signalisiert
  • Alterskontrollen bei Produkten mit Altersbeschränkung
  • Entfernung der Artikelüberwachung
  • Kontrolle der Belege
  • Sichtkontrolle beim Einlösen von Industriecoupons: Kasse prüft nur Gültigkeitsdauer und Produktkauf, Mehrfachnutzung wird nicht erkannt
  • Sichtkontrolle bei der Einlösung von Pfandcoupons
  • Erfassung von preisreduzierten Artikeln bzw. Eingabe des Preisnachlasses;
  • Prüfung von MHD-Rabatten, falls nicht im System hinterlegt
  • Kontrolle, dass nicht zwei Bons erzeugt werden

    Es ist leicht einzusehen, dass eine SCO-Kontrolleurin oder ein SCO-Kontrolleur viele Prozesse beobachten muss - noch dazu an mehreren SCOs gleichzeitig. Die Schulung der Mitarbeiter konzentriert sich jedoch zunächst auf die Technik und den Umgang mit den Kunden. Diebstahlprävention wird nachrangig behandelt. Unterstützende Sicherheitsdienste in den Pre-Checkout-Bereichen werden dagegen kaum genutzt.

    Um das Bewusstsein der Mitarbeiter für Self-Scanning-Zahlungen zu schärfen, führen Einzelhändler Testkäufe an SCO-Kassen und Testkäufe an bedienten Kassen durch. Eventuell festgestellte Fehler werden dann durch Schulungen behoben.

    Einige Unternehmen berichten sogar, dass der durch Diebstahl an SCOs verursachte Schaden bisher zu gering war, um eine Schulung zu rechtfertigen.

Unterschiede zwischen Diebstahl an mobilen Self-Scanning-Kassen und an bedienten Kassen

Bestandsunterschiede zwischen mobilem Self-Scanning und bedienten Kassen lassen sich nicht pauschal feststellen. Sie werden durch eine Vielzahl von Faktoren verursacht. Personal, Sortiment und dessen Veränderungen, Standortfaktoren, Sicherheitsmaßnahmen und organisatorische Veränderungen haben großen Einfluss.

Wie bereits eingangs erwähnt, lassen sich nicht alle Inventurdifferenzen auf Ladendiebstahl zurückführen. Nach der aktuellen EHI-Studie sind durchschnittlich 55% der festgestellten Inventurdifferenzen auf klassische Ladendiebstähle zurückzuführen. Dennoch gelten Inventurdifferenzen als Maßstab für die Bewertung von Diebstählen.

Die Untersuchung ergab, dass 60% der SCO-Märkte eine höhere Inventurdifferenz als der Unternehmensdurchschnitt aufweisen. Die verbleibenden 40 % der SCO-Filialen melden jedoch einen deutlich geringeren Inventurverlust als der Unternehmensdurchschnitt. Demnach führen SCO-Kassen allenfalls zu einer geringfügig höheren Inventurdifferenz. Dies wird von namhaften Einzelhandelsunternehmen bestätigt:

Die Inventurdifferenzen weisen bisher keine signifikanten Unterschiede auf, sie liegen im Rahmen der üblichen Schwankungen" und "Beim Vergleich der Inventurdifferenzen von Filialen mit und ohne SCO sehen wir keine Unterschiede, sie liegen bei uns etwa gleichauf.

Das Diebstahlsortiment, das durch Self-Checkout gestohlen wird, ist ähnlich wie das der bedienten Kassen. Im Lebensmitteleinzelhandel werden häufig Spirituosen, Tabakwaren, Rasierklingen, Kosmetika und Parfüm ohne vorherige Bezahlung entwendet.

Zusammenfassung

Die Sicherheitskonzepte für Selbstbedienungskassen stecken noch in den Kinderschuhen. Die Einzelhändler testen noch immer, wie sie Inventurdiskrepanzen minimieren und gleichzeitig den Kunden die größtmögliche Freiheit gewähren können. Ein zweites Mal den Einkaufswagen zu kontrollieren, ist immer noch ein kleiner Eingriff in seine Privatsphäre. Dennoch sind die Ergebnisse der Umfrage äußerst positiv. Das EHI fasst seine Umfrage in den folgenden Punkten zusammen:

  • Keine erhöhten Inventurdifferenzen in rund 85% aller Geschäfte
  • Keine erhöhten Angriffe an SCO-Kassen
  • Geringe Fehlerquoten an SCO-Kassen

Die Diebstahlsraten sind laut der Umfrage der Self-Checkout-Initiative nicht signifikant höher als an bedienten Kassen. Kurzfristig gesehen sind im Bereich der Sicherheitsinvestitionen mehrere Entwicklungen zu beobachten: Kundenkontrollbildschirme und Ausgangsschleusen an SCO-Zonen sind auf dem Vormarsch. Die Möglichkeit, Kassendaten einzusehen, nimmt zu. SCO-Personal bleibt ein Kernbestandteil aller Sicherheitssysteme.

Große Macht bringt große Verantwortung mit sich

Mit diesen Worten schickte Stan Lee 1962 seinen Superhelden Spider-Man auf die Reise. Auch wir sind uns bewusst, dass wir eine Verantwortung gegenüber unseren Händlern und Partnern haben. Deshalb arbeiten wir ständig daran, Diebstähle auf ein Minimum zu reduzieren. Schon jetzt bieten wir unseren Händlern eine Vielzahl von Möglichkeiten zur Überwachung und Kontrolle der Einkäufe.

Die EHI-Umfrage zeigt, dass die Mitarbeiter in den SCO-Bereichen so gut wie unersetzlich sind - nicht nur, um Diebstähle zu minimieren, sondern auch, um einen noch besseren Kundenservice zu bieten. Wir wollen es dem Personal so leicht wie möglich machen, die Aufgabenschere zwischen Sicherheit und Kundenservice zu meistern.

Aus diesem Grund bieten wir unseren Händlern und ihren Mitarbeitern den Snabble Checkout Supervisor als Hilfsmittel an. Der Checkout Supervisor gibt dem Personal Kontrolle und Übersicht. Als Webanwendung ist diese Software geräteunabhängig und kann auf jeder Hardware eingesetzt werden. Das SCO-Personal kann zum Beispiel den Warenkorb des Kunden erneut scannen, um dessen Vollständigkeit zu überprüfen. Darüber hinaus gibt die Software auf Basis der zuvor analysierten Daten Steuerungsempfehlungen für bestimmte Artikel oder Warenkörbe. Für einzelne Artikel können Zahlungs- oder manuelle Altersfreigaben eingestellt werden. Der Checkout Supervisor kann auch zur Verwaltung von Selbstbedienungskassen eingesetzt werden.

Der Checkout Supervisor vereinfacht die Überwachung des SCO-Bereichs im Einzelhandel. Mitarbeiter können entlastet werden und sich gezielter auf die Kundenbetreuung konzentrieren.

Die Probleme, die durch das mehrfache Scannen von Coupons oder Rabatten entstehen, werden durch den Einsatz der Snabble-App beseitigt. Snabble bietet Händlern zudem die Möglichkeit, ihren Kunden individuelle und situationsspezifische Coupons zur Verfügung zu stellen. Ein doppeltes Scannen entfällt somit.

Ein weiterer Ansatzpunkt zur Minimierung von Diebstahlsmöglichkeiten ist das Outbound-Management. Snabble bietet die folgenden Lösungen an:

  • Ausfahrt mit einem SCO
  • Ausgang mit einer Schranke und einem Zahlungsterminal
  • Ausgang mit einer einfachen Schranke
  • Ein offener Ausgangsbereich mit oder ohne Mitarbeiter


In diesem Bereich arbeiten wir mit Hardware-Lieferanten wie Wanzl, Pan Oston und Pyramid zusammen.

Snabble Learnings

Was lehren uns die Ergebnisse der Studie und des Whitepapers über Bestandsunterschiede? Als Anbieter einer Plattform für Scan & Go nehmen wir jede neu gewonnene Information zum Anlass, unseren Service zu optimieren. Positiv zu vermerken ist, dass wir festgestellt haben, dass die Bestandsabweichungsrate zwischen bedienten Kassen und SCO nicht signifikant unterschiedlich ist.

Dennoch sind wir uns der Probleme bewusst. Der Mitarbeiterschulung wird eine geringe Priorität eingeräumt. Als Dienstleister sehen wir uns daher in der Pflicht, den Checkout Supervisor so intuitiv wie möglich zu bedienen. Die Funktionen sollen zahlreich und dennoch übersichtlich sein und nicht nur dem Händler, sondern auch dem Kunden Sicherheit bieten.

Professionellen Dieben können auch wir nicht das Handwerk legen. Aber wir geben Händlern mit einer Scan & Go-Integration mit Snabble verschiedene Präventivmaßnahmen an die Hand und entwickeln Sicherheitskonzepte, mit denen sich Händler wohlfühlen.